24.10.2018
Glaubwürdigkeit – eine Frage der inneren Haltung
Die Akzeptanz eines Mitarbeitermagazins steht und fällt mit der Glaubwürdigkeit der Inhalte. Mehr Mut zu Authentizität und Ehrlichkeit hilft, die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit zu verringern.
Heinz Müller atmet tief ein und aus. Dann betritt er die Kantine. Seine Schultern sinken nach vorn, der Blick gleitet auf den Boden. Heinz Müller hat Angst. Vielleicht sparen sie sich dieses Mal ihre Kommentare, hofft er. Ob überhaupt schon jemand die neue Ausgabe der Mitarbeiterzeitung gelesen hat? In den vergangenen Monaten ist es immer schlimmer geworden mit den zynischen Bemerkungen der Kollegen. „Propagandaminister“ haben sie ihn geschimpft; ihn gefragt, wie es sich anfühle, im Allerwertesten des Vorstands zu stecken.
Zwangsverordnete Euphorie
Auch die aktuelle Ausgabe ist gespickt mit frohen Verkündungsbotschaften über das neue Umstrukturierungsprojekt. Und das, obwohl es mit dem Abbau von Arbeitsplätzen und Standortverlagerungen verbunden ist. Kein Wunder, dass das Thema bei der Belegschaft für Ärger sorgt. Doch der Vorstand sieht das anders. „Das geht doch bitteschön optimistischer, Müller!“, heißt es meistens, wenn das Magazin zur Freigabe vorliegt.
Heinz Müller ist kein Einzelfall. In vielen Unternehmen dienen die Mitarbeitermedien nach wie vor als schöngefärbtes Sprachrohr des Managements. Kritische Fragen zur aktuellen Unternehmenssituation werden unter den Teppich gekehrt. Eine Herangehensweise, die mit Garantie verhindert, dass Identifikation geschaffen und Wertschätzung erfahren wird. Doch genau dies sind mit die wichtigsten Aufgaben Interner Kommunikation.
Tatsächlich lässt die Identifikation vieler Mitarbeiter mit ihrem Arbeitgeber zu wünschen übrig, wie die Ergebnisse des „Gallup Engagement Index 2015“ belegen: Nur 16 Prozent der Befragten identifizieren sich stark mit ihrem Unternehmen. Mehr als zwei Drittel der Beschäftigten machen lediglich Dienst nach Vorschrift und weitere 16 Prozent haben innerlich bereits gekündigt. Der deutschen Wirtschaft entstehen durch diese mangelnde emotionale Bindung erhebliche Kosten: Sie verliert durch Produktivitätseinbußen jährlich zwischen 76 und 99 Milliarden Euro. Versäumnisse der Internen Kommunikation verursachen also reellen Schaden.
Glaubwürdigkeit entsteht nicht top-down
Hinzu kommt: Mitarbeiter sind auch Unternehmensbotschafter. Um zu verhindern, dass die Meinungsbildung in den sozialen Netzwerken stattfindet, müssen Unternehmen den Dialog über kritische Themen innerhalb der eigenen Reihen führen. Denn erst wenn Glaubwürdigkeit im Inneren gelingt, kann sie auch nach außen wirken.
Dafür muss die Mitarbeiterkommunikation jedoch ihre Zielgruppe ernst nehmen. Gerade in Krisen und Veränderungsprozessen. In Zeiten der Globalisierung hat sich der Unternehmenswandel beschleunigt. Die Welt ist unüberschaubar geworden. Das verunsichert. Um das Vertrauen der Belegschaft zu festigen, müssen Unternehmen den Blick nach innen richten und sensibel für die Sorgen und Fragen ihrer Mitarbeiter sein.
Bereitschaft zu Veränderung erzeugen
Diese wollen die Vorgänge im Unternehmen verstehen. Und sie möchten wissen, was das konkret mit ihrer Arbeit zu tun hat. Dabei wollen sie nicht nur informiert, sondern in den Kommunikationsprozess eingebunden werden. Top-down-Information ist hier fehl am Platz. Denn Kommunikation, die Wertschätzung vermitteln kann, muss ehrlich sein. Sie muss im kontinuierlichen Dialog auf Augenhöhe erfolgen. Nur so kann Interne Kommunikation Mut und Bereitschaft zur Veränderung in der Unternehmensbasis erzeugen.
Auch Heinz Müller nimmt sich vor, wieder mutiger sein. Auch er möchte Wertschätzung für seine Arbeit erfahren. Das Spießrutenlaufen in der Kantine muss aufhören. Doch dafür muss sich die Kommunikationskultur im Unternehmen verändern. Mit der nächsten Ausgabe wird alles anders, beschließt Müller. Ganz sicher.