17.02.2016
Du sollst dir (k)ein Bildnis machen
Eine Analyse der Vorstandsfotografie der DAX-30-Unternehmen
Bilder werden in der Wahrnehmung und bei der Verarbeitung von Informationen immer wichtiger. Auch der Geschäftsbericht passt sich dieser „visuellen Zeitenwende“ an. Managerporträts geben dem Unternehmen ein Gesicht und machen es für den Betrachter menschlich. Doch wie nutzen die Konzerne die Vorstandsfotografie im Corporate Reporting? Welche Trends sind hinsichtlich Perspektive, Komposition, Farbgebung sowie Mimik und Gestik zu erkennen? Und was zeichnet ein gutes Vorstandsbild aus? Unsere Analyse der Vorstandsfotografie in der Berichterstattung 2015 der DAX-30-Unternehmen gibt Aufschluss.
Die Macht der Bilder – 5 Fakten zur Vorstandsfotografie
10 Erkenntnisse zur Vorstandsfotografie 2015 der DAX-30-Unternehmen
1) Große Mehrheit: 25 von 30 Unternehmen nutzen die visuelle Wirkung von Vorstandsbildern. Fast alle setzen dabei auf professionelle Fotos ohne Effekte und Verfremdung.
2) Klassisch inszeniert: Bei Einzelfotos dominiert das Porträt. Auch die Gruppenfotos sind überwiegend gestellt, die Vorstandsmitglieder werden aufgereiht und ohne Interaktion abgebildet.
3) Nüchterne Atmosphäre: Die Vorstandfotos wirken hell, aber nüchtern. Grau-, Schwarz- und Weißtöne überwiegen, bunte Akzente werden selten, wenn aber durch farbige Kleidungsstücke und Requisiten gesetzt.
4) „Schau mir in die Augen, Kleines!“: Das typische Einzelfoto zeigt den Vorstand aus der Nahen und in Augenhöhe. Das Gruppenfoto zeigt die Vorstandsmitglieder aus der Totalen oder Halbtotalen. Der Blick geht meist direkt in die Kamera.
5) Eine ernste Angelegenheit: Emotionen werden eher selten gezeigt. Die Mimik der Vorstandsmitglieder ist neutral, einige zeigen ein leichtes Lächeln.
6) Keep calm: Die Gestik der Abgebildeten ist meist ruhig. Die Bandbreite an Körperhaltungen ist zwar groß, aber wenig kreativ. Die Arme hängen am Körper, sind verschränkt vor dem Körper oder, in sitzender Position, aufgestützt. Bewegung findet kaum statt.
7) Gleichberechtigung: Auf den Gruppenfotos sind die Vorstandsmitglieder meist gleichberechtigt angeordnet, bei größeren Gruppen leicht gestaffelt.
8) Dresscode: In 23 von 25 Fällen tragen die Vorstandsmitglieder eine sehr formelle Kleidung, sprich: Anzug und Krawatte. Auf den ersten Blick ist bei den meisten Fotos kein Unterschied zwischen CEO und CFO erkennbar.
9) Indoor vor outdoor: Fast alle Bilder zeigen einen konkreten Bildraum als Innenaufnahme. Erkennbar sind meist neutrale Wände, Glasfronten oder Bürogebäude.
10) Reine Zier: Bei der Hälfte der Bilder werden Requisiten eingesetzt. In elf von 15 Fällen handelt es sich dabei um reine Deko-Elemente ohne kommunikative Aussage (vor allem Sitzbänke, Treppen und Pflanzen). In vier Fällen werden „sinnhafte“ Requisiten eingesetzt, die Bild und Berichtskonzept verknüpfen.
Fazit: Was macht ein gutes Vorstandsbild aus?
Welche Gesamterkenntnis lässt sich aus diesen Fakten ableiten? Eine professionelle und gute Abbildung der Vorstandsmitglieder ist zum Basic in der Geschäftsberichterstattung geworden. Ein Patentrezept für ein gutes Vorstandsbild gibt es jedoch nicht. Einige hilfreiche Kriterien bezüglich fotografischer Techniken und Inszenierung der Abgebildeten lassen sich anwenden und führen zu einem „soliden“ Bild, das jedoch nicht aus der Masse heraussticht. Für ein außergewöhnliches Bildkonzept, das auffällt, ist es hingegen nicht möglich, Standardkriterien zu nennen. Hier muss das richtige Zusammenspiel aus Persönlichkeit, Unternehmenskultur und aktueller Geschäftslage gewählt werden, um ein authentisches Bild zu vermitteln. Auch der Fotograf trägt seinen Teil zum Gelingen der Vorstandsfotografie bei, ebenso wie ein gutes Fotobriefing. Die zentrale Rolle des einzelnen Betrachters darf dabei nicht vergessen werden: Natürlich ist die Bewertung von inszenierten Posen auch wesentlich kulturell vorgeprägt. Im Einzelfall entscheidet jedoch noch immer die subjektive Wahrnehmung des Betrachters, ob ein Bild als gelungen oder sympathisch empfunden wird.