Wird die Digitale Transformation in Zukunft für alle Unternehmen ein fester Bestandteil der Geschäftsberichterstattung sein?
TN Natürlich sollte sich jedes Unternehmen früher oder später mit dem Thema Industrie 4.0 befassen, denn es betrifft alle Branchen. Allerdings durchaus in unterschiedlicher Dimension. Die Digitalisierung ist für sich ja kein Unternehmensziel, sondern ein Mittel zum Zweck. Welche Rolle das Thema im Geschäftsbericht spielt, muss daher jedes Unternehmen individuell entscheiden und abwägen: Wie wichtig ist die Digitale Transformation für unser Geschäftsmodell? Welchen Einfluss nimmt sie auf die Strategie? Und wie verändert sich unser Unternehmen dadurch – schon heute, ganz konkret? Insofern ist das Ergebnis der Studie keine Überraschung. Im Gegenteil: Bei der Telekom, die das Ranking der Auswertung anführt, beeinflusst die Digitale Transformation das Geschäftsmodell elementar und wird daher konsequenterweise auch als Titelthema gespielt. Bei anderen Unternehmen ist der Einfluss auf das Geschäftsmodell weit weniger ausgeprägt, dennoch ist das Thema auf der strategischen Agenda innerhalb der Unternehmensspitze weit oben verortet und wird im Geschäftsbericht aufgegriffen. Viele Unternehmen stehen hier aber noch ziemlich am Anfang.
Wie kann das Thema im Geschäftsbericht strategisch und konzeptionell sinnvoll berücksichtigt werden?
TN Bevor es tatsächlich Eingang in den Geschäftsbericht findet, muss ein Unternehmen eine klare Vision haben, wie es in der Industrie 4.0 aufgestellt sein will und wie die Digitalisierung das eigene Unternehmen verändern wird. Wenn es nicht nur eine Vision, sondern zudem eine Roadmap zum digitalen Unternehmen gibt, bestenfalls auch schon erste „Leuchtturm-Projekte“, die dokumentiert werden können, darf ein solches Thema durchaus prominent aufgegriffen werden – beispielsweise als Schwerpunkt auf den Imageseiten. Denn natürlich sind die Investoren daran interessiert, in welcher Form die Digitalisierung die Zukunft ihres Unternehmens beeinflusst – und es vielleicht sogar wertvoller macht. Der Geschäftsbericht braucht eine klare, kapitalmarktorientierte Botschaft. Einfach nur zu berichten, das Unternehmen werde digitaler, reicht nicht. Das gilt ebenso für den Lagebericht. Beeinflusst die Digitalisierung das Geschäftsmodell oder die Strategie, gehört das Thema da rein. Alles andere liegt im Ermessen der Autoren.
Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf das Medienportfolio des Geschäftsberichts?
TN Selbst ein voll oder zumindest weitgehend digitalisiertes Unternehmen wird bei seinem Geschäftsbericht auch in Zukunft nicht ausschließlich auf digitale Kanäle setzen. Aktuell steht bei Analysten das PDF hoch im Kurs, gefolgt von der gedruckten Fassung. Sie verwenden den Geschäftsbericht als Arbeitsmedium lieber in einem abgeschlossenen Zustand. Das hängt auch damit zusammen, dass die heutigen Onlineberichte keinen wirklichen Mehrwert bieten. Abzuwarten bleibt, ob sich hier die Arbeits- und Lesegewohnheiten grundsätzlich verändern. Ich gehe jedenfalls davon aus, dass die unterschiedlichen Berichtsinhalte in Zukunft sehr viel stärker über die verschiedenen Medien differenziert werden, als dies heute der Fall ist. Jedes Medium hat seine Vorzüge. Und die gilt es zu nutzen. Ich bin froh, nicht mehr auf Straßenkarten verzweifelt nach der Route suchen zu müssen. So ein Navigationssystem ist einfach praktisch. Auf der anderen Seite begeistern mich gedruckte Magazine und Bücher. Mit dem Geschäftsbericht ist es nicht anders. Den digitalisierten Report des Jahres 2018 werden wir als Tool sehr viel besser nutzen können als heute. Nämlich wie ein Navigationssystem. Die reputationsfördernden, markenbildenden Inhalte lesen wir vielleicht lieber in gedruckter Form. Während das „Pflichtprogramm“ des Geschäftsberichts sich also ins Web verlagern wird, kann Print aus meiner Sicht auch in einer digitalisierten Kommunikationswelt weiterhin seine Stärke für überzeugendes Storytelling ausspielen. Auch bei der Telekom. Denn: Menschen brauchen Geschichten.