19.04.2018

Corporate Newsroom: UK reloaded

Warum der Corporate Newsroom zu Recht einer der großen Trends in der Unternehmenskommunikation ist.

 

War es nicht schon immer eines der ursprünglichsten Ziele der Unternehmenskommunikation, ein konsistentes und damit wiedererkennbares Bild eines Unternehmens oder einer Marke zu zeichnen? Diese grundlegende Aufgabe versuchen die Kommunikationsprofis der Konzerne auch heute noch zu erfüllen – jedoch unter erschwerten Bedingungen. Die veränderte Medien- und Kommunikationslandschaft macht es ihnen schwer. Kanäle und Zielgruppen haben sich vervielfacht; ohne eine individuelle und mediengerechte Ansprache verfehlen Botschaften heute schnell ihre Wirkung. Zudem liegt die Hoheit der Meinungsbildung längst nicht mehr bei PR-Fachleuten. Reputation bildet sich heute im Dialog – und immer häufiger in den sozialen Netzwerken.

Unternehmen sind heute nur noch dann kommunikativ erfolgreich, wenn sie sich diesen Veränderungen stellen und optimal anpassen. Der Corporate Newsroom ist die optimale Organisationsform für diesen Weg. Er kann den Anforderungen der Digitalisierung und dem Trend hin zu mehr Transparenz und Dialog gerecht werden und die Kluft zwischen immer anspruchsvolleren Kommunikationsaufgaben und gleichzeitig steigendem Budgetdruck schließen.

Content first: in Themen statt Kanälen denken

Was macht der Corporate Newsroom? Er organisiert die Unternehmenskommunikation neu, indem er alle Kommunikationsdisziplinen vereint. So ermöglicht er es, die Gesamtperspektive der Unternehmenskommunikation zu stärken, denn alle Themen und Inhalte werden gebündelt, übergreifend konzipiert und umgesetzt. Oder anders gesagt: Der Corporate Newsroom wird zur zentralen Unternehmensredaktion und zum Content Hub. Neben Owned Content, also vom Unternehmen selbst produzierten Inhalten, kann der Newsroom auch Earned Content, beispielsweise Berichte aus traditionellen Medienangeboten, freien Blogs oder den sozialen Netzwerken, abbilden und so ein übergreifendes Bild von unternehmensrelevanten Themen zeichnen.

 

Der Newsroom erfordert den Abschied vom Silodenken in Kanälen oder Abteilungen.

Im Idealfall geht der Umstellungsprozess hin zum Newsroom auch mit einer räumlichen Veränderung einher: Alle Beteiligten arbeiten zusammen in einem Großraumbüro. Doch viel mehr als eine Frage des Raums ist der Corporate Newsroom eine Frage der Haltung. Denn er erfordert den Abschied vom Silodenken in Kanälen oder Abteilungen. Ganz klar, im Newsroom stehen die Inhalte im Vordergrund. In regelmäßigen, im Idealfall täglichen Konferenzen werden Themen gesammelt, diskutiert und verteilt. Das klare und gleichzeitig neue Prinzip: Ein Autor übernimmt ein Thema für alle Kanäle. Vom klassischen Hintergrundbeitrag im gedruckten Kundenmagazin über den meinungsbildenden Blogbeitrag bis zum kurzen Tweet auf Twitter. Ein Thema – für jeden Kanal optimal zugeschnitten.

Effizienzvorteil mit positiven Nebeneffekten

Das Beispiel zeigt: Wo früher verschiedene spezialisierte Einzelabteilungen parallel an ein und demselben Inhalt feilten, wird im Corporate Newsroom deutlich effizienter gearbeitet. Ein immenser Vorteil in Zeiten schwindender Ressourcen und Budgets. Der deutliche Effizienzvorteil macht den Newsroom auch für kleinere Unternehmen durchaus interessant. Denn gerade dort ist man häufig froh, Ressourcen sparsam einsetzen und Synergien nutzen zu können. Die zentrale Organisationsform sorgt dafür, dass Informationen reibungsloser fließen und Aufgaben schneller bewältigt werden können. Ein häufiger positiver Nebeneffekt: Das Zusammengehörigkeitsfühl in einer gemeinsamen Zentralredaktion steigt.

Dass die Mehrwerte eines Newsrooms von Unternehmen schnell erkannt werden, zeigt auch die Studie von Mona Sandrowksi. Die Absolventin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz erstellte 2015 eine erste Bestandsaufnahme zum Thema Corporate Newsroom in deutschen Unternehmen. Dafür führte sie fünf Experteninterviews sowie eine Onlinebefragung, an der 74 der 200 größten deutschen Unternehmen teilnahmen. Die Ergebnisse sprechen für sich: Obwohl der Trend hin zum Corporate Newsroom 2015 noch in den Kinderschuhen steckte, hatte ihn zum damaligen Zeitpunkt bereits jedes vierte Unternehmen in seiner Kommunikationsabteilung eingeführt. Weitere 25 Prozent zogen diesen Schritt in Erwägung. Jene Unternehmen, die bereits im Corporate Newsroom arbeiteten, äußerten sich mehrheitlich sehr zufrieden oder zufrieden über die Entwicklungen seit der Einführung.

Dieser Artikel ist erschienen im Magazin zum AMC-Frühjahrsmeeting 2017. Das Magazin ist abrufbar unter: http://www.amc-forum.de/content/_data/dlnormal/46Meeting_AMC-Magazin.pdf