Welche Rolle nimmt dabei der Fotograf ein? Inwiefern kann er diese Wahrhaftigkeit beeinflussen?
CKAls Betrachter will ich nicht, dass man mir sagt, dass ich vertrauen kann. Ich will die Person sehen und selbst entscheiden. Dieser – aus meiner Sicht der absolut entscheidende – Punkt liegt zu 99 Prozent in der Hand des Fotografen und im Moment des Fotografierens. Ob ein Foto gelingt, entscheidet sich in einer fünfzigstel Sekunde und dem Moment kurz davor. Zunächst muss der Fotograf also eine menschliche Verbindung zum Vorstand aufbauen, eine gewisse Nähe und Vertrautheit herstellen, damit der abgebildete Mensch bereit ist, sich zu öffnen. Natürlich müssen auch Gesten stimmen und der Anzug sitzen – aber das steht hinter dieser „Authentizität“ zurück.
„Eine minutiöse Vorbereitung ist unerlässlich, denn das Zeitfenster für das alles entscheidende Shooting ist in der Regel sehr eng.“
Der Fotograf muss in der Lage sein, den Vorstand nicht in Symbolen einzumauern, sondern ihm vielmehr eine Form innerer Offenheit zu entlocken. Der Dargestellte muss bereit sein, sich für einen kurzen Augenblick zu zeigen, zu öffnen oder etwas von seinem innersten, zutiefst authentischen Kern preiszugeben. Dann kann ein besonderes Bild entstehen, das eine Persönlichkeit erkennen lässt.
Welche weiteren Faktoren spielen dabei eine Rolle und was ist in der Vorbereitung auf ein solches Shooting entscheidend?
CKOrganisatorisch sind natürlich viele Faktoren zu beachten: Eine minutiöse Vorbereitung ist häufig unerlässlich, denn das Zeitfenster für das alles entscheidende Shooting ist in der Regel sehr eng. Man muss sich Gedanken zur Positionierung und Inszenierung machen. Eine Location muss gefunden werden. Gibt es Requisiten? Diese Gestaltungselemente sind wie der Beat in der Musik. Wehe, es stimmt etwas nicht, dann stoppt sofort die Bereitschaft, dem Musikstück zu folgen. Ist aber der Beat stimmig und natürlich, überträgt sich zum einen eine gewisse Lebensfreude und zum anderen sind wir als Betrachter nicht nur bereit zu folgen – wir freuen uns sogar darüber.
Die Einflussfaktoren vor dem und während des Shootings sind also so vielfältig, dass man kaum von einem Patentrezept sprechen kann?
CKDass ein aufgeräumtes Bild eher Vertrauen erweckt als ein chaotisches, ist in diesem Zusammenhang fast eine Binse. Genauso wie ein Bild Schärfe braucht oder man den Vorstand nicht hinter einer Säule verschwinden lassen darf. Aber darüber hinaus würde ich behaupten, dass es kein allgemein anwendbares Rezept für ein gutes Vorstandsbild gibt.